Anwendung KI-basierter Messsysteme zur Charakterisierung der Rohstoffe im Weinbau

FORSCHUNGSPROJEKT »SmartGrape«

KI-basierte Analyse von Infrarotspektren erleichtern die Qualitätssteigerung von Wein

Weintrauben bei der Ernte
© iStock.com / alessandroguerriero

MIR-Messsysteme für schnelle und zerstörungsfreie Qualitätsbestimmung von Weintrauben

Die Qualität von Weintrauben unterliegt, wie jedes andere landwirtschaftliche Erzeugnis auch, einer großen Schwankungsbreite. Viele äußere Faktoren wie (Mikro-)Klima, Bodenbeschaffenheit oder auch der Erntezeitpunkt haben einen bedeutenden Einfluss auf die chemische Zusammensetzung von Weintrauben und damit auch auf den daraus gewonnenen Wein. Eben diese Vielfalt ist im Weinbau äußerst erwünscht, um so ein breites Spektrum der unterschiedlichsten Weine mit vielfältigem Charakter kreieren und damit Konsumenten anbieten zu können.

Um die Rohstoffqualität für den gewünschten Wein zu gewährleisten, ist eine präzise Charakterisierung der Weintrauben anhand spezifischer Qualitätsparameter erforderlich. Diese Typisierung der Rohstoffe sollte in ihrer Anwendung einfach zu bedienen und zerstörungsfrei sein, während sie gleichzeitig einen umfassenden Informationsgehalt liefert. Diese methodischen Kriterien werden von der Infrarotspektroskopie im besonderen Maße erfüllt. Das Verbundvorhaben »SmartGrape« zielte darauf ab, ein kompaktes, in-line fähiges Messsystem zu entwickeln, das die schnelle und zerstörungsfreie Qualitätsbewertung von Weintrauben und Traubenmaische mittels Infrarotspektroskopie im mittleren Infrarotbereich (MIR) ermöglicht.

KI-basierte Analyse von Infrarotspektren zur Rohstoffcharakterisierung von Wein

Die Infrarotspektroskopie beruht auf der Interaktion von infraroter Strahlung mit Materie, wobei die enthaltenen Moleküle spezifische Frequenzen der Strahlung absorbieren. Diese Wechselwirkung erzeugt ein einzigartiges Spektrum, das Aufschluss über die molekulare Struktur und chemische Zusammensetzung der untersuchten Probe gibt. In diesem Projekt fokussierten wir uns zur Entwicklung des optischen Messsystems auf den mittleren Infrarotbereich (MIR; 2 500-50 000 nm), da in diesem der Informationsgehalt deutlich erhöht ist und dieser somit eine detaillierte Ableitung von Rohstoffeigenschaften ermöglicht.

Aufgrund der hohen Informationsdichte der Infrarotspektren und der begleitenden chemischen Analytik erfassten wir im Projekt hochdimensionale Datensätze, die mittels Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) analysiert wurden. Die künstliche Intelligenz berücksichtigt komplexe, nichtlineare Beziehungen und Wechselwirkungen im Datensatz, die mit herkömmlichen mathematisch-statistischen Methoden schwierig oder nur sehr zeitintensiv zu bearbeiten sind. Der Einsatz von KI sollte die ressourceneffiziente Entwicklung eines integrierten Messsystems ermöglichen, bei dem Hardware und Software optimal aufeinander abgestimmt sind.

Digitalisierte Qualitätskontrolle im Weinbau durch Messysteme auf MIR-Basis

In diesem vom Fraunhofer IVV koordinierten Verbundvorhaben entwickelte das Projektkonsortium zwei KI-unterstützte MIR-basierende Messsysteme für den Weinbau, die bei beteiligten Weingenossenschaften vor Ort eingesetzt wurden. Dabei zeigte sich, dass sowohl in der Dateninterpretation als auch in der Datenvorhersage zur Ableitung chemometrischer Modelle KI-gestützte Machine Learning Methoden den traditionellen Methoden überlegen sind. Die kurz vor der Markteinführung befindlichen Messgeräte ermöglichen sowohl eine mobile Qualitätsbestimmung von Weinbeeren im Weingarten als auch die Echtzeit-Charakterisierung von Traubenmaische mittels einer Durchflussmesszelle in der Rohrleitung bei der Traubenannahme.

Die Integration der innovativen Messsysteme in die Praxis der weinproduzierenden Betriebe markierte einen bedeutenden Fortschritt zur Digitalisierung der Qualitätskontrolle des Wareneingangs von Weingenossenschaften und Privatkeltereien. Auf direktem Weg können die Rohstoffe in einem einzigen Vorgang gleichzeitig charakterisiert und digitalisiert werden – eine Möglichkeit, die klassische Methoden nicht bieten. Im Hinblick auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen – Stichwort Klimawandel – im Weinbau und Landwirtschaft ermöglicht die zunehmende Digitalisierung auch unter erschwerten Bedingungen eine perspektivisch exzellente Weinqualität zu erhalten.

Die beschriebene MIR-Technologie wird am Fraunhofer IVV auch in weiteren Forschungsprojekten zur Bestimmung von Qualität bei Lebensmitteln eingesetzt, z. B. zur Qualitätsbestimmung von Haselnüssen.   

 

Projektlaufzeit:

2021 bis 2024

Projektträgerschaft / Finanzierung:

Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung BLE / Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat BMLEH

Projektpartner:
  • IRPC Infrared-Process Control GmbH (Hamburg) 
  • LiquoSystems GmbH (Kirchheim am Neckar) 
  • QuoData GmbH (Dresden)
  • Weincampus Neustadt (Neustadt an der Weinstraße)
Publikation zum Forschungsthema:
  • Tybussek, T.; Wurm, C.; Xiang, J. (2025). Non-Destructive and Inline Capable Characterization of Grapes by Mid-Infrared Spectroscopy. in Beyerer, J., Längle, T. and Heizmann, M. (eds) (2025) OCM 2025 - 7th International Conference on Optical Characterization of Materials, March 26th – 27th, 2025, Karlsruhe, Germany: Conference Proceedings. Karlsruhe: KIT Scientific Publishing. Available at: https://doi.org/10.5445/KSP/1000178356.
Kombilogo BMEL und BLE bei Projektförderung