Kreislaufwirtschaft für medizinische Einwegartikel
Für die Verpackung von Medizinprodukten spielen Polyvinylchlorid (PVC) und Aluminium als Verbundwerkstoffe eine große Rolle. Sie lassen sich leicht verarbeiten, sind kostengünstig und schützen als Verbundwerkstoffe in Blisterverpackungen Tabletten und Kapseln vor Schmutz und Feuchtigkeit. Das macht sie im medizinischen Bereich unverzichtbar.
Allerdings ist die Produktion von Primäraluminium ohne Rezyklatanteil sehr energieaufwändig. Die Herstellung von Sekundäraluminium ist im Vergleich dazu um 95 Prozent günstiger. Steigende Energiekosten, knapper werdende Ressourcen und anfallende Abfallmengen erhöhen die Nachfrage nach effizienten und umweltschonenden Recyclingtechniken. Die Recyclingquote von Aluminium liegt im Verpackungsbereich europaweit nur bei 50 Prozent. Dies wird vor allem mit dem Einsatz von Aluminium in Einwegprodukten, wie den Tablettenblistern, in dieser Branche begründet.
Das Recycling dieser Materialien erfolgt nach dem Stand der Technik über eine mechanische Verbundtrennung, die Feinvermahlung. Die so produzierten Aluminiumqualitäten weisen aber noch PVC-Restgehalte von bis zu 10 Prozent auf und können daher nicht direkt für das Recycling eingesetzt werden. Die erforderliche thermische Nachbehandlung dieser verunreinigten Qualitäten bedarf einer aufwändigen Abgasreinigung. Die durch die PVC-Anteile gebildete Salzsäure bedingt eine teure Rauchgaswäsche. Dies hat zur Folge, dass die Qualitäten weit unter dem Rohstoffwert des Aluminiums gehandelt werden. Außerdem kann abgetrenntes PVC, das noch mit Fremdmaterialien und Weichmacher verunreinigt ist, nicht für hochwertige Produktverpackungen wieder verwendet werden.
Lösemittelbasiertes Verfahren trennt PVC von Aluminium
Im Rahmen industrie- und öffentlich geförderter Forschungsprojekte entwickelte und testete das Fraunhofer IVV Verfahren zur Gewinnung hochwertiger Sekundäraluminiumqualitäten und PVC-Rezyklate aus Tablettenblistern. Das dafür entwickelte Verfahren soll unter Nachweis der Wirtschaftlichkeit industriell umsetzbar sein. Der deutschlandweite Markt von Aluminium-PVC-Verbunden umfasst derzeit mehrere 100.000 Jahrestonnen und verdeutlicht das immense Potenzial der neuen Technologie.
Das technologische Konzept der innovativen Verbundtrennung beruht auf einem extraktiven, lösemittelbasierten Recyclingverfahren, das am Fraunhofer IVV zum Recyceln von Polystyrol entwickelt wurde. Es zielt auf eine vollständige Abtrennung des PVC vom Aluminium durch selektive »Green Solvents« (kennzeichnungsfrei, non-VOC) ab, die durch anschließende vollständige Rückgewinnung im Kreislauf gehalten werden. Dadurch entstehen hochreines Sekundäraluminium sowie ein PVC-Rezyklat für die kunststoffverarbeitenden Industrie.
Anwendungsfelder des PVC-Rezyklats umfassen den Einsatz in Fensterprofilen, Checkkarten und vor allem Folienanwendungen (inkl. Blister). Gleichzeitig steht das PVC-freie Aluminium-Rezyklat für die etablierten stofflichen Verwertungsverfahren bereit, da störendes Rest-PVC vollständig entfernt wurde.
Das Verfahren wurde bereits vor 10 Jahren auf Blisterverpackungen getestet (kmU innovativ Projekt »Raffiniertes Aluminium - Hochwertiges Sekundäraluminium aus Verpackungsabfällen der Pharmabranche«) und kürzlich im Industrieauftrag optimiert (Zusammenarbeit mit dem Nachhaltigkeitsprogramm der PVC Industrie VinylPlus). Die Umsetzung konnte im kleintechnischen Maßstab (5 kg/d) erfolgreich demonstriert werden.
Heute steht das Großtechnikum mit einem Durchsatz von bis zu 20 kg/h für lösemittelbasiertes Kunststoffrecycling des Fraunhofer IVV bereit, um das Verfahren im technischen Maßstab zu evaluieren und Mustermengen für externe Applikationsversuche herzustellen.
Projektauswahl
Raffiniertes Aluminium - Hochwertiges Sekundäraluminium aus Verpackungsabfällen der Pharmabranche |
2014 bis 2016 / kmU innovativ / BMBF |
MediKas - Recyclingkaskade von Pharmaverpackungen und medizinischen Abfällen |
2024 / Fraunhofer CCPE |
Bilaterale Industrieprojekte |
2016-2024 / z. B. Blisteraufbereitung mit VinylPlus |