High Protein = High Cleaning?


Mehr Eiweiß, mehr Aufwand
In der industriellen Milchverarbeitung sind Prozesse wie Pasteurisierung und Ultrahocherhitzung essenziell für die Produktsicherheit und Haltbarkeit – gleichzeitig wächst der Druck, Energie und Ressourcen effizienter zu nutzen.
Ein zentrales Problem dabei ist das Fouling, d. h. die Ablagerungen von Proteinen, Fetten und Mineralstoffen auf den Oberflächen der Wärmetauscher. Sie beeinträchtigen die Wärmeübertragung, erschweren die Strömung und gefährden die Prozesssicherheit. Die Folge: häufige Reinigungen, lange Stillstände und ein hoher Verbrauch an Wasser, Energie und Reinigungsmitteln.
Eine besondere Herausforderung stellen die aktuell sehr gefragten High-Protein-Produkte wie Joghurtdrinks oder Milchmischgetränke dar. Ihr hoher Eiweißgehalt erhöht die Ablagerungsneigung deutlich – das erschwert die Prozessführung, erhöht die Betriebskosten und steigert das Risiko mikrobieller Verunreinigungen.
Smarte Vorhersage macht den Unterschied
Um diese Herausforderungen anzugehen, wurde am Fraunhofer IVV gemeinsam mit der TU Braunschweig im Forschungsprojekt »Fidelio« ein KI-gestütztes Überwachungssystem, das Fouling im Wärmetauscher bereits im Erhitzungsprozess vorausschauend erkennt, entwickelt.
Dafür nutzt »Fidelio« Echtzeitdaten von vier Clamp-On-Temperatursensoren am Ein- und Ausgang des Wärmetauschers, die von einem speziell trainierten Machine-Learning-Modell ausgewertet werden. Temperaturverläufe dienen als Indikator für beginnende Ablagerungen und ermöglichen es so, die Reinigungen nicht mehr nach festen Intervallen, sondern bedarfsgerecht und effizient zu planen.
Bereit für die Praxis
»Fidelio« besteht aus Temperatursensoren, einer kompakten Schaltschrank-Recheneinheit und einem Machine Learning-Modell zur Datenauswertung und Foulingvorhersage. Das System lässt sich dank der Clamp-On-Temperatursensoren aufwandsarm in bestehende Anlagen integrieren. Die innovative Hardware-Lösung ermöglicht den Einsatz bei den anspruchsvollen Produktionsumgebunden von Molkereibetrieben.
Fidelio wurde mehrere Wochen unter Realbedingungen in einer Molkerei getestet und konnte dort Fouling zuverlässig vorhersagen. Besonders bei längeren Datenreihen zeigte das Modell hohe Stabilität und Genauigkeit.
Die bedarfsgerechte Reinigung reduziert im UHT-Prozess die Reinigungszyklen deutlich. Die Validierung bestätigt »Fidelio« als solide Basis für prädiktive Wartung und Prozessoptimierung bei der Milcherhitzung. Vor allem bei High-Protein-Produkten kann dies zu weniger Ressourcenverbrauch, kürzeren Stillständen und stabileren Abläufen führen.
Fazit: Fouling prädiktiv erkennen – Sicherheit und Effizienz steigern
Mit »Fidelio« steht Molkereien ein KI-gestütztes System zur Verfügung, das Fouling im laufenden Erhitzungsprozess frühzeitig und zuverlässig erkennt. Durch die bedarfsgerechte Planung von Reinigungen trägt das System nicht nur zur Ressourcenschonung und Optimierung der Anlagenverfügbarkeit bei, sondern erhöht auch die Produktsicherheit, indem es eine sichere und gleichbleibende Prozessführung gewährleistet. Besonders bei anspruchsvollen High-Protein-Produkten kann »Fidelio« so für stabilere Abläufe, weniger Stillstände und eine nachhaltigere Produktion sorgen.
Weitere Projektinformationen
Projektlaufzeit | 1.2.2022 – 31.8.2024 |
Projektpartner | TU Braunschweig |
Projektträger /Zuwendungsgeber: |
Deutsche Bundesstiftung Umwelt |