Süße Wissenschaft: Vorhersage der Verbraucherakzeptanz auf Basis analytischer Daten am Beispiel Fruchtgummi

Das internationale Forschungsprojekt vereint unsere Expertise im Bereich Produktwirkung, von der humansensorischen Untersuchung von Lebensmitteln, über die analytische Untersuchung von Aroma- und Geschmacksstoffen bis hin zum Einsatz von Algorithmen und maschinellem Lernen.
Durch ihre große Vielfalt hinsichtlich der sensorischen Eigenschaften und ihre klar definierte Zusammensetzung sind Fruchtgummis ideale Modelllebensmittel. Anhand dieser erproben unsere Wissenschaftler*innen im Projekt »CandyCrunch« die Kombination von physikalisch-chemischen Analysendaten mit der sensorischen Wahrnehmung zur Vorhersage der Verbraucherakzeptanz.
Sensorische Produktoptimierung digital unterstützt
Fruchtgummis sind aufgrund ihrer vielfältigen Formen und Geschmacksrichtungen bei Konsumenten äußerst beliebt. Aber wie bei anderen Süßigkeiten sowie bei salzigen Snacks verändert sich mit dem wachsenden Ernährungsbewusstsein der Verbraucher*innen auch bei Fruchtgummis die Nachfrage hin zu gesünderen Alternativen. Aus diesem Grund steht die Entwicklung vielfältiger neuartiger Fruchtgummiformulierungen im Fokus der Industrie, die nicht nur eine veränderte Nährstoffzusammensetzung aufweisen, sondern auch nachhaltige Aspekte berücksichtigen.
Die Herausforderung in der Entwicklung besteht darin, die gewünschten sensorischen Eigenschaften der neuen Fruchtgummis zu erreichen. Abweichungen von den bisher bekannten Produkten könnten von Verbrauchern abgelehnt werden, was die Akzeptanz und damit den Markterfolg der neuen Produkte gefährden würde. Dies stellt gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ein hohes Risiko dar und hemmt die Entwicklung von gesünderen Alternativen.
Um dieses Risiko zu minimieren, soll im Cornet-Forschungsprojekt »CandyCrunch« ein Modell zur Vorhersage der Verbraucherakzeptanz für neue gesunde Fruchtgummiformulierungen anhand der chemischen, physikalischen und sensorischen Eigenschaften eines Produkts erstellt werden. Das Projekt bildet mit seinem ganzheitlichen Ansatz den gesamten Kaufprozess ab: von der ersten Betrachtung der Verpackung – einschließlich Deklaration – bis zum Verzehr und der abschließenden Beurteilung durch den Konsumenten. Durch die gezielte Kombination instrumenteller und sensorischer Daten mit der hedonischen Bewertung durch den Konsumenten sollen Einflussfaktoren auf die Akzeptanz ermittelt werden. Am Forschungsprojekt beteiligen sich Forschungspartner aus Deutschland (Fraunhofer IVV, IVLV) und Brasilien (School of Food Engineering (FEA)/ University of Campinas, Instituto de Tecnologia de Alimentos (ITAL)) sowie kleine und mittelständische Unternehmen beider Länder.
Methoden zur sensorischen und analytischen Beurteilung von Fruchtgummi
Der Fokus liegt auf der umfassenden Charakterisierung sowohl bereits am Markt etablierter als auch im Projekt neu entwickelter Fruchtgummiprodukte. Dabei werden zunächst die Eigenschaften wie Aroma, Geschmack, Farbe und Textur der Produkte mittels instrumenteller Analytik charakterisiert. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung der aromaaktiven Verbindungen, wobei deren Zusammensetzung sowie die Freisetzungsmechanismen aus der Lebensmittelmatrix von besonderem Interesse sind. Durch fortschrittliche Techniken wie u. a. Gaschromatographie-Ionen-Mobilitäts-Spektrometrie (GC-IMS) kann die Vielfalt der flüchtigen Verbindungen schnell und präzise erfasst werden.
Die im ersten Schritt gewonnenen analytischen Daten helfen dabei, ein detailliertes sensorisches Profil der einzelnen Fruchtgummiprodukte zu erstellen. Diese werden durch humansensorische Untersuchungen erweitert und ergänzt. Um später verlässlich die Verbraucherakzeptanz für neue Produkte vorhersagen zu können, wird in Konsumentenstudien die Beliebtheit der Fruchtgummis evaluiert. Darüber hinaus werden im Rahmen des Projektes die multisensorischen Interaktionen von Verpackungs- und Produkteigenschaften auf die Wahrnehmung untersucht. Dabei werden die Einflüsse von zusätzlich bereitgestellten gesundheits- und nachhaltigkeitsbezogenen Informationen auf die Bewertung der Beliebtheit und die Kaufabsicht untersucht.
Auf Basis der gewonnenen Daten aus den sensorischen Profilen in Verbindung mit den Ergebnissen aus den Konsumentenstudien sollen alle Forschungsschwerpunkte miteinander mittels chemometrischer Verfahren und maschinellem Lernen zusammengeführt und eine gezielte Vorhersage der Verbraucherakzeptanz für neuartige Produkte ermöglicht werden.
Digitalisierung der sensorischen Wahrnehmung im Bereich der Süßwaren
Die Ergebnisse aus diesem Projekt können vielseitig auf weitere Produkte und Branchen adaptiert werden. Mithilfe digitaler Prognosetools kann die Verbraucherakzeptanz schon früh im Produktentwicklungsprozess geprüft werden, wodurch der Entwicklungsaufwand reduziert und die Erfolgschancen neuer Produkte auf dem Markt erhöht wird. Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen bedeutet das eine signifikante Entlastung, da die Ressourcen begrenzt und das finanzielle Risiko größer ist.
Eine Übertragbarkeit besteht hinsichtlich jeder Branche, die verpackte Konsumgüter mit deklarierten Werbeversprechen anbietet, deren sensorische Wahrnehmung (Geruch, Geschmack, Farbe, Haptik oder Textur) maßgeblich für das Produkterlebnis ausschlaggebend ist. Mithilfe des digitalen Abbilds der sensorischen Produkteigenschaften und der Korrelation mit der Hedonik kann die Produktentwicklung digitalisiert und die Reaktion der Konsumenten vorhergesagt werden, was die notwendigen personellen Ressourcen entlastet und den Entwicklungsprozess zielgerichteter und objektiver macht. Dies ist neben der Getränke- und Lebensmittelindustrie auch besonders interessant für kosmetische Mittel, Haushaltsprodukte und Nahrungsergänzungsmittel.
Projektzeitraum: | September 2022 – Dezember 2024 |
Projektträgerschaft/Finanzierung: | Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR (über Industrievereinigung für Lebensmitteltechnologie und Verpackung e. V. - IVLV) /Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) |