Entwicklung eines proteinbasierten Bindemittel-Systems zur Herstellung von Dispersionsfarben im »1-Eimer-Konzept«

FORSCHUNGSPROJEKT »DisPro«

Dispersionsfarben benötigen Bindemittel

Eine Wand wird mit Dispersionsfarbe mit Hilfe einer Farbrolle gestrichen.
© ba11istic/iStock.com
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In den letzten Jahrzenten wurde bereits ein großes Wissen bezüglich Farben auf Wasserbasis entwickelt, um ihren VOC-Gehalt zu senken und gleichzeitig ihre Umweltverträglichkeit zu verbessern. Der Ruf nach umweltfreundlicheren Farbsystemen durch den Verbraucher und die Industrie werden immer lauter.

Innen- und Außenwandfarben bestehen aus einem komplexen Gemisch, welches meist aus polymeren Bindern, Pigmenten, Füllstoffen, Additiven und Wasser als Lösungsmittel zusammengesetzt ist. Die enthaltenen Bindemittel sind die Filmbildner in den Beschichtungssystemen. Mit ihrem Anteil von bis zu 30 % beeinflussen sie zudem wichtige Eigenschaften wie Haftungsvermögen, Beständigkeit gegen Rissbildung und Abblättern sowie die Verarbeitungseigenschaften der Wandfarbe. Bei den kommerziellen Bindemitteln handelt es sich heutzutage hauptsächlich um Polymere oder Copolymere von beispielsweise Styrol, Butadien, verschiedenen Acrylaten und Vinylacetat, welche alle aus fossilen Rohstoffen synthetisiert werden. Unterschiedliche Forschungsansätze wurden seither verfolgt, um diese erdölbasierten Bindemittel durch nachhaltigere Möglichkeiten zu ersetzen ohne die qualitativen und anwendungstechnischen Eigenschaften der Dispersionsfarbe zu verändern. Allerdings ohne großen Erfolg.

Durch das Projekt »DisPro« sollen nachhaltigere Alternativen auf dem Markt angeboten werden können, indem die petrochemischen Polymere in den wässrigen Dispersionsfarben durch pflanzliche Rohstoffe ausgetauscht werden.

Biobasierte Bindemittelsysteme aus pflanzlichen Rohstoffen

Eine Möglichkeit für biobasierte Alternativen bietet die Verwendung von Biopolymeren als Bindemittel, welche aus nachwachsenden Rohstoffen bzw. Reststoffen gewonnen werden. Dazu zählen beispielsweise Stärke, Protein oder Lignin.

Pflanzliche Proteine besitzen hierbei ein großes Spektrum an unterschiedlichen funktionellen Eigenschaften. Unter bestimmten Voraussetzungen können aus Proteinen beispielsweise Schäume oder Gele erzeugt werden. Darüber hinaus sind sie aufgrund ihrer komplexen Struktur und vielfältigen Modifizierbarkeit potentiell geeignet als Bindemittel und Filmbildner zu fungieren und somit umweltschädliche Acrylate zu ersetzen. Jedoch war es bislang nicht möglich eine verbraucherfreundliche 1-Eimer-Lösung zu entwickeln, welche die einfache Verarbeitbarkeit einer proteinbasierten Dispersionsfarbe zulässt. Bisherige Anwendungslösungen erfordern häufig ein umständliches, aufwendiges und fehleranfälliges Anrühren und Mischen mehrerer Komponenten unmittelbar vor deren Einsatz durch den Endverbraucher.

»DisPro« setzt sich zum Ziel ein neuartiges proteinbasiertes Bindemittel für Dispersionsfarben zu entwickeln, um den Anteil an erdölbasierten Materialkomponenten im fertigen Produkt verringern zu können. Als Ausgangsmaterialien sollen hierbei kommerziell erhältliche pflanzliche Rohstoffe zur Verwendung kommen, um eine zeitnahe wirtschaftliche Umsetzung der Ergebnisse zu garantieren.

Vielversprechende Projektergebnisse und geplante Weiterentwicklungen

Für eine fundierte Datenbasis erfolgte zum Projektstart zunächst ein Proteinscreening. Dabei wurden die Proteine umfassend analytisch hinsichtlich Trockensubstanz, Proteingehalt, Molekulargewichtsverteilung, Löslichkeit, Schaumverhalten sowie Filmbildungseigenschaften (Porengröße, Flexibilität, Farbe, Haftung, etc.) charakterisiert. Als nächster Schritt folgte die Herstellung von Proteindispersionen, um den Einfluss von unterschiedlichen Proteinkonzentrationen und Prozessparametern (z. B. Temperatur, pH-Wert) auf die Viskosität bzw. Stabilität der Dispersionen feststellen zu können. In Lagertests wurden die entwickelten Farbformulierungen weiterhin hinsichtlich ihrer Langzeitstabilität untersucht.

Auf Grundlage des erfolgten Screenings erzielten Erbsen- und Sojaproteine die besten Ergebnisse und dienten deshalb für weitere Optimierungsversuche. Durch physikalische, chemische oder enzymatische Modifizierung ist es gelungen, die funktionellen Eigenschaften der Proteinpräparate anwendungsspezifisch zu verbessern. Die Modifikate wurden in anwendungsorientierten Untersuchungen (z. B. Filmbildungstests, Scheuertests) funktionell charakterisiert. Dabei stellte sich heraus, dass besonders die Wasserbeständigkeit und die  Haftung der Proteinprodukte durch die Modifizierung deutlich optimiert werden konnten.

In einem ersten industriellen Up-Scale konnten zwei Proteinprodukte erfolgreich in den Dispersionsfarben eingesetzt werden. Ohne Rezepturanpassung war ein 50%iger Ersatz der konventionell eingesetzten Acrylate durch die Proteinprodukte problemlos möglich. In der zukünftigen Zusammenarbeit soll der vollständige Ersatz der Acrylate durch die Proteinmuster angestrebt werden.

Aufgrund der sehr vielversprechenden Forschungsergebnisse mit Blick auf die modifizierten Proteinprodukte wurden am Fraunhofer IVV bereits zwei weitere Projekte angestoßen, welche sich mit der Entwicklung von pflanzlichen Proteinprodukten für die Holz-/Möbel-, die Wellpappen- sowie die Waschmittelindustrie befassen:

  • Im Projekt ProWellHo geht es darum, einen biobasierten Protein-Klebstoff für Wellpappen und Holzprodukte zu entwickeln.
  • Das Projekt ProColor hat die Entwicklung eines proteinbasierten Farbübertragungsinhibitors für Color-Waschmittel zum Ziel.

Projektlaufzeit:

2021 bis 2024

Projektträgerschaft / Finanzierung:

Projektträger Jülich GmbH PTJ / Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF

Themenverwandte Projekte:

Technofunktionelle pflanzliche Proteine - TeFuProt (2017-2020)